„Ländliche Elektrifizierung bis zu Ende denken“
Mit dem Thema „ländliche Elektrifizierung“, also wie man Zugang zu Strom auch in entlegenen Regionen, beispielsweise im ländlichen Raum Afrikas, ermöglicht, bin ich während meines Masterstudiums „Renewable Energy Management“ in Kontakt gekommen. Der Professor stammte selbst aus einem kleinen Dorf in Nepal und hat die Situation vor Ort sehr eindrücklich geschildert. Im Rahmen der Vorlesung haben wir dann in Fallstudien anhand verschiedener Parameter analysiert, in welchen Fällen es sinnvoller ist in kleine, dezentrale Anlagen mit Speichern zu investieren, anstatt das bestehende Stromnetz auszubauen.
Dabei lag der Fokus bei mir und bei meinen Mitstudenten darauf, Strom zu produzieren. Worüber wir gar nicht nachgedacht haben: Was passiert, wenn die eingesetzten Speicherbatterien – die meist noch Bleibatterien sind – kaputt sind und ausgetauscht werden müssen? Dass sie teils in irgendwelchen Hinterhöfen recycelt werden, häufig ohne Arbeitsschutz und mit rudimentärer Technik, war mir damals nicht bewusst.
Wie wichtig dieses Thema aber ist, zeigen die Projekte der Kolleginnen und Kollegen hier am Öko-Institut. Ein breit angelegtes Kooperationsprojekt mit afrikanischen Umweltorganisationen aus Äthiopien, Kamerun, Kenia und Tansania hat beispielsweise gezeigt, dass in vielen Ländern das Hinterhof-Recycling zu schwerwiegenden und zum Teil lebensbedrohlichen Bleivergiftungen der Arbeiter sowie Anwohnerinnen und Anwohner der Bleihütten führt.
Gerade weil ich selber dieses Problem früher nicht mitgedacht habe, wünsche ich mir, dass wir dieses Thema weiter bearbeiten und bald wirksame Lösungen finden. Auf der zweiten Umweltvollversammlung der Vereinten Nationen im Frühsommer 2016 stand es auf der Tagesordnung und wurde auch in einer Abschlussresolution als wichtiges Handlungsfeld identifiziert. Aber ich habe das Gefühl, dass das noch lange nicht reicht.
Die Menschen vor Ort, die Arbeiter und Anwohner von Bleihütten müssen über die Gesundheitsrisiken aufgeklärt werden. Natürlich stehen die Betreiber der Recyclingbetriebe und die Regulierungsbehörden besonders in der Pflicht, und auch in den Industrieländern sollten die Großabnehmer von Blei ihren Teil der Verantwortung übernehmen.
Aber auch die Hersteller und Vertreiber von Batterien und dezentralen Anlagen – beispielsweise von Solar Home Systemen bestehend aus Photovoltaikmodulen und Batterien – sollten den ganzen Lebenszyklus ihrer Produkte mitdenken. Dazu gehört für mich auch die Frage, wie wir in Zukunft auf komplett unbedenkliche Anlagen und Batterien umstellen können.
Dazu würde ich gerne meinen Teil beitragen.
Inga Hilbert ist wissenschaftliche Assistentin im Bereich Produkte & Stoffströme in der Geschäftsstelle Freiburg.