Die 2010er Jahre: Transdisziplinär, visionär – und nicht minder kritisch
Im vierten Jahrzehnt seines Bestehens ist das Öko-Institut nicht nur inhaltlich gewachsen. An den drei Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin beschäftigt das Institut mittlerweile über 165 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter rund 115 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Natur-, Ingenieurs-, Wirtschafts-, Rechts-, Sozial- und Kommunikationswissenschaften.
Die ursprüngliche Aufgabe, den Bürgerinnen und Bürgern mit Rat und Tat und vor allem mit wissenschaftlichem Sachverstand zur Seite zu stehen, hat weiterhin Bestand und wird heute transdisziplinär und in Interaktion mit allen Beteiligten (Stakeholder) umgesetzt. Auch dadurch werden jährlich mehr als 380 nationale und internationale Projekte in den Arbeitsgebieten Chemikalienmanagement und Technologiebewertung; Energie und Klima; Immissions- und Strahlenschutz; Landwirtschaft und Biodiversität; Nachhaltigkeit in Konsum, Mobilität, Ressourcenwirtschaft und Unternehmen; Nukleartechnik und Anlagensicherheit sowie Recht, Politik und Governance bearbeitet.
Auf den vom Öko-Institut organisierten Jahrestagungen diskutieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Gästen aus Forschung, Politik und Wirtschaft intensiv über Risiken und Chancen von gesellschaftlich relevanten Themen wie Nanotechnologien oder zeigen Wege und Fahrpläne für die kommenden Jahrzehnte auf, wie etwa bei der „Jahrestagung Rohstoffwende 2049“. Zu der in den 1970erJahren vom Öko-Institut geprägten Energiewende wird eine Halbzeitbilanz gezogen. Kohleausstieg, Weiterentwicklung des Strommarktdesigns, Vollendung des Atomausstiegs mit all seinen Herausforderungen: Das Öko-Institut zeigt dabei auf, welche Herausforderungen und Aufgaben noch bewältigt werden müssen, damit die Energiewende bis 2050 abgeschlossen werden kann.
Von der Stiftung Zukunftserbe geförderte Eigenprojekte und die Initiierung von auf Spendenbasis finanzierten Projekten, ermöglichen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Institut, unabhängig eigene Forschungsfragen aufzugreifen und Antworten darauf zu finden. So stellt das Öko-Institut im Eigenprojekt „Suffizienz“ heraus, dass es nicht allein um Veränderung im individuellen Verhalten geht, sondern eine Suffizienzpolitik und Änderungen bei Gesetzen, Steuern und Subventionen erforderlich sind. Mit Hilfe einer Spendenkampagne startet das Öko-Institut in Äthiopien, Tansania und Kamerun das „Lead Recycling Africa Project“. Zusammen mit Kooperationspartner aus diesen Ländern arbeitet das Institut daran, mehr Bewusstsein über die Situation in den betroffenen Ländern, aber auch international zu schaffen und Lösungen zum umweltgerechten Recyceln von Bleibatterien sowie zum Gesundheitsschutz zu entwickeln.
Meilensteine der Arbeit des Öko-Instituts in diesem Jahrzehnt
- Das Öko-Institut intensiviert ab 2010 die Zusammenarbeit mit Unternehmen, etwa zum methodischen Austausch über Ökoeffizienzanalysen mit BASF und die unternehmerischen Verantwortung zur Nachhaltigkeit – darunter Corporate Social Responsibility (Projekte RARE, IMPACT mit Unterstützung der EU).
- Dr. Rainer Grießhammer erhält 2010 den Preis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Das Preisgeld von 245.000 Euro fließt zum größten Teil in Projekte des Öko-Instituts und in die Stiftung Zukunftserbe.
- Wie Elektroschrott umweltgerecht recycelt und entsorgt werden kann sowie gleichzeitig Sozialstandards eingehalten werden können, zeigen 2010 die Ergebnisse einer Studie über Elektroschrott-Recycling in Ghana, die das Öko-Institut im Auftrag des niederländischen Umweltministeriums (VROM-Inspectorate) und dem niederländischen Recyclingverband (NVMP) durchgeführt hat.
- Das Öko-Institut erstellt 2011 gemeinsam mit dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) und dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) den Leitfaden „Berechnung von Treibhausgasemissionen in Spedition und Logistik“.
- Beteiligung des Öko-Instituts an dem EU-Forschungsprojekt „Policies to Promote Sustainable Consumption Patterns” (EUPOPP) in 2011: Darin werden aktuelle Konsumtrends untersucht und vergleichend zehn Fallstudien analysiert, die alle Regionen der EU abdecken.
- Das Öko-Institut gründet 2011 mit weiteren Pionieren der Nachhaltigkeitsforschung das „Ecological Research Network“ (Ecornet) – ein Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute in Deutschland.
- Das Thema „Grüne IT“ gewinnt beim Öko-Institut an Bedeutung: 2011 entwickelt es Vergabekriterien für einen Blauen Engel für besonders energieeffiziente Rechenzentren. Zahlreiche weitere Studien zum Thema „Grüne IT“ folgen.
- Das Öko-Institut arbeitet in den 2010er Jahren verstärkt zur zukünftigen Stromnetz-Infrastruktur – etwa im Projekt „eTelligence“ (2012), mit einer „Rodmap für intelligente Netze“ in Baden-Württemberg (2013), mit der „Verteilnetz-Studie Rheinland-Pfalz“ (2014) oder mit einer Kommentierung des Netzentwicklungsplans 2015 der Bundesregierung.
- Eine Studie des Öko-Instituts zeigt 2011, dass die Förderung von Kobalt im Kongo mit vielen tödlichen Unfälle und Kinderarbeit verbunden ist.
- Im Forschungsprojekt OPTUM untersucht das Öko-Institut 2012 im Auftrag des Bundesumweltministeriums, ob Elektromobilität tatsächlich beim Umwelt- und Klimaschutz hilft. Die Studie löst einigen Wirbel aus und ist Auftakt für viele weitere Untersuchungen zum Thema.
- Die von der Stiftung Zukunftserbe unterstützte Publikation „Kernenergie – Eine Technik für die Zukunft?“ zeigt 2012 die Aspekte und Folgen der Kernenergienutzung auf.
- Das Öko-Institut und die Nachhaltigkeitsplattform Utopia startet 2012 unter dem Slogan „Energiewende – wir fangen schon mal an“ eine bundesweite Energiesparkampagne.
- Stadt der Zukunft“ – Vision oder Realität? Start des spendenfinanzierten Forschungsprojekts „Lebenswerte Innenstädte durch emissionsfreien Verkehr“ im Herbst 2013.
- Michael Sailer, der Sprecher der Geschäftsführung des Öko-Instituts, wird als 2014 Mitglied in die Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe berufen. Ihre Aufgabe: 2016 Kriterien für die bestmögliche und vor allem sichere Lagerung radioaktiver Abfallstoffe definieren – unter transparenter, gerechter und umfassender Einbeziehung der Öffentlichkeit.
- Im Auftrag des WWF überprüft das Öko-Institut regelmäßig die Auswirkungen der Freizuteilung von Emissionsrechten im Rahmen des EU-Emissionshandels an energieintensive Industrieunternehmen und kritisiert 2014 die Freizuteilung von Treibhausgas-Emissionsrechten in der EU.
- Das Öko-Institut begleitet erarbeitet 2014 wissenschaftlich ein Verkehrskonzept, das von den Umweltverbänden WWF, BUND, Germanwatch, NABU und VCD erarbeitet wird. Das Konzept schlägt eine radikale Wende in der Verkehrspolitik vor.
- Der Frage, was gutes Essen ausmacht und welche Kosten sich hinter unserer Ernährung verbergen, geht das Öko-Institut 2014 in der Studie „Nachhaltig Kochen! Ein politisches Kochbuch“ aus einem Spendenprojekt nach.
- Das Öko-Institut macht 2014 Vorschläge für eine strukturelle Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Unter anderem sollen Privathaushalte, die bisher bei den Kosten für die Energiewende überdurchschnittlich zur Kasse gebeten werden, entlastet und Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden.
- Große Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit werden oft durch die Zivilgesellschaft angestoßen. Doch wie werden sie zu einem breiten Erfolg? Diese Frage untersucht das Öko-Institut 2015 im „Models-of-Change“-Forschungsprojekt im Auftrag von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium sowie in Zusammenarbeit mit der Zeppelin Universität und dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen.
- Klimaschutz in Gebäuden: Die Bundesregierung will erreichen, dass bis zum Jahr 2050 der Gebäudebestand nahezu klimaneutral wird. Eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigt 2016, wie der Energiebedarf von Gebäuden gesenkt und der benötigte Rest durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann.
- Politische Strategien für eine längere Nutzungsdauer von Produkten stehen im Fokus der Studie „Obsoleszenz“ die 2016 abgeschlossen wird. Verkürzen Hersteller absichtlich die Lebensdauer ihrer Produkte, zum Beispiel durch „Sollbruchstellen“, um damit mehr Profit zu machen? Das Umweltbundesamt beauftragt das Öko-Institut und die Universität Bonn, diese Frage in einer Studie zu untersuchen.
Zum Überblick über die 1970er Jahre am Öko-Institut.
Zum Überblick über die 1980er Jahre am Öko-Institut.