„International arbeiten und auf der Grundlage von Fakten die Stimme erheben“
Schon in meiner Zeit als politisch engagierter Student in Freiburg waren die Themen Energiewende und Ausstieg aus der Kernenergie präsent. Das waren auch Kernthemen des Öko-Instituts, welches ich in dieser Zeit schon von außen kannte. Aus dieser Zeit stammt auch meine Motivation, hier zu arbeiten.
In die ersten Jahre meines Arbeitslebens, zunächst am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, fiel dann Fukushima und in der Folge der (erneute) Atomausstieg. Die Ziele der Energiewende wurden in Gesetze gegossen.
Damit beginnt die Herausforderung jedoch erst, denn nun kommt es darauf an, wie sie erreicht werden können. Allein Ziele zu proklamieren kann ja kein Ersatz für wirksame Maßnahmen sein!
Im Leitbild des Öko-Instituts geht es aber auch um globale nachhaltige Entwicklung heute und in der Zukunft. Und diese umfassen mehr als Umweltfragen. Zusätzlich spielen auch soziale Aspekte eine wichtige Rolle, die für mich als gelernter Volkswirt immer auch im Zentrum stehen. Mir ist deshalb wichtig, dass in unseren Projekten neben Umweltthemen auch soziale Fragen, allen voran grundlegende Menschenrechte, berücksichtigt werden.
Das gilt zum Beispiel für unsere Projekte zum nachhaltigen Management in globalen Lieferketten. Lieferketten genauer zu verstehen ist aus meiner Sicht extrem wichtig. Denn die größten ökologischen und sozialen Brennpunkte unserer alltäglichen Produkte wie Smartphones, Kaffee oder T-Shirts liegen heute nicht mehr in Deutschland, sondern in anderen Ländern. Es sind die Fragen nach den zu Grunde liegenden technischen und ökonomischen Mechanismen, auf die es ankommt, bzw. wo im Lebenszyklus von Produkten welches politische Instrument wirkt. Das ist nicht nur bei den sogenannten „Konfliktrohstoffen“ wie beispielsweise Gold oder Zinn wichtig, sondern auch bei auf den ersten Blick scheinbar unproblematischeren Rohstoffen wie beispielsweise Baumwolle. Nur wenn man die Lieferketten von der Plantage bis in den Laden kennt, kann man verstehen, wo man ansetzen kann, und muss sich nicht auf das freiwillige Engagement der Wirtschaft verlassen. Hier hat sich bereits ein Wunsch erfüllt, da wir in den kommenden Jahren bis 2020 ein großes Forschungsprojekt zu den globalen Lieferketten von Holz, Baumwolle und Palmöl umsetzen können.
Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen internationalen politischen Debatten ist es mir wichtig, dass wir immer auf dem Boden wissenschaftlicher Evidenz arbeiten. Wertebasiert, aber auf der Grundlage von Fakten. Der aktuelle Zeitgeist läuft derzeit erschreckend häufig in andere Richtungen. Wenn man heute den vom Menschen gemachten Klimawandel leugnet, ist das aus wissenschaftlicher Sicht so, als hätte man vor 500 Jahren geleugnet, dass die Erde offensichtlich eine Kugel ist. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass das Öko-Institut in den nächsten Jahren seine Stimme klar erhebt.
Wichtig ist mir dabei auch, dass wir in unsere umweltpolitischen Arbeit nicht nur bis zum Rhein oder zur Oder, sondern darüber hinaus global denken. Dabei versuchen wir das Rüstzeug derjenigen zu stärken, die sich in anderen Ländern ganz praktisch für nachhaltige Veränderungen einsetzen. Die Arbeit hat sich in den letzten Jahren schon sehr internationalisiert und dass das weitergeht, ist vielleicht der wichtigste Wunsch. Denn aus unserer Perspektive vergisst man manchmal, dass es in anderen Ländern viel schwächere Zivilgesellschaften gibt und es dort viel schwieriger ist, aktiv Einfluss zu nehmen.
Tobias Schleicher arbeitet seit 2011 am Standort Freiburg
als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Produkte & Stoffströme.