„Gute, langlebige und reparierbare Produkte für jedermann“
Die heutigen Marktstrukturen suggerieren viel Auswahl und eine große Freiheit für den Konsumenten. Für mich war diese Freiheit schon immer scheinheilig, weil der Zugang zu ökologischen und sozialverträglichen Produkten immer noch sehr eingeschränkt ist. Zum einen aufgrund der höheren Preise (die Kosten für die weniger umweltfreundlichen und sozialverträglichen Produkte werden ja von der Gesamtgesellschaft getragen, also externalisiert), aber auch aufgrund des oft schwierigen Zugangs zu Informationen: In vielen Fällen sind „gute“ Produkte nicht einfach zu erkennen oder es herrscht ein Labeldschungel, mit dem die Konsumenten völlig überfordert sind. Aber jeder hat ein Recht darauf, gute Produkte zu konsumieren. Jeder! Dazu braucht es meiner Meinung nach eine sinnvolle ordnungsrechtliche Steuerung.
Die Umweltzeichen und die öffentliche Beschaffung sind wichtige Instrumente, um den Markt in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu steuern. Mich bewegen persönlich seit geraumer Zeit darüber hinaus die verpflichtenden gesetzlichen Instrumente, um ambitionierte ökologische und soziale Mindeststandards über die ganze globale Produktions- und Lieferkette durchzusetzen. Denn das Problem ist: Unsere Produkte verursachen in den Ländern, in denen sie hergestellt werden, enorme Umweltprobleme und menschenrechtliche Risiken. Je kürzer sie genutzt werden, desto höher der Ressourcenverbrauch und die negativen Umwelt- und sozialen Auswirkungen. Ich komme ja ursprünglich aus der Entwicklungszusammenarbeit und kann sagen, dass mehr Konsum nicht zwangsläufig zu mehr Wohlstand in einer Gesellschaft führt. Die globalen Umweltprobleme der wachsenden Konsumgesellschaft werden oft unterschätzt, vor allem wenn die Probleme nicht vor eigener Haustür sichtbar sind und eher in die ärmeren Entwicklungs- und Schwellenländern verlagert werden – wie z.B. katastrophale Arbeitsbedingungen und Umweltrisiken beim Rohstoffabbau, bei der Fertigung von Produkten in Sektoren wie Elektronik und Textilien, oder bei der Entsorgung und rudimentären Behandlung von Elektroschrott in Asien und Afrika.
Das Highlight in meiner Arbeit im Öko-Institut war deshalb die in den Medien und der Öffentlichkeit viel diskutierte Studie zu Obsoleszenz im Auftrag des Umweltbundesamtes.
Die zentrale Empfehlung der Studie war die Entwicklung von Mindeststandards, was die Qualität, Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten angeht. Die Studie hat damit für mich einen Bogen gespannt über meine ganze Arbeit hinweg. Und diese Arbeit zeigt konkrete Erfolge: Im Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft, das sogenannte Circular Economy Package, das die Europäische Kommission Ende 2015 vorgestellt hat, wird dem Thema Langlebigkeit, Nutzungsdauerverlängerung und Reparierbarkeit eine zentrale Bedeutung zugesprochen! Ebenfalls hat die Europäische Kommission in dem am 30.11.2016 veröffentlichten Arbeitsplan der Ökodesign Richtlinie (2016-2019) angekündigt, produktspezifische und/oder horizontale Anforderungen bzgl. der Materialeffizienz nicht nur für neue Produkte, sondern auch bei den Revisionen der bereits regulierten Produktgruppen zu berücksichtigen.
Der nächste Schritt ist für mich die Etablierung von guten, langlebigen, reparierbaren Produkten im Massenmarkt. Wie schafft man das? Welche Strukturen und Instrumente müssen dafür etabliert werden? Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung auf unsere Volkswirtschaft? Diesen Wandel möchte ich gerne mit meiner Arbeit weitergestalten.
Siddharth Prakash ist Senior Researcher im Institutsbereich Produkte & Stoffströme und arbeitet am Standort Freiburg.