„Für eine internationale Umweltpolitik, für eine gerechte und ökologische Globalisierung“
Als ich in den 90er Jahren Politikwissenschaften studierte, nahm die Globalisierung gerade an Fahrt auf. Was viele damals zunehmend beschäftigte, war die Frage, wie man unter diesen Bedingungen die Wirtschaft noch regulieren kann: Was kann man den deutschen Unternehmen noch zumuten und wann sind sie nicht mehr konkurrenzfähig? Diese Fragen fand ich aus meiner Umweltperspektive problematisch und habe aus Empörung über den Verlauf der Standortdebatte zusätzlich noch Volkswirtschaft studiert, um die Zusammenhänge besser verstehen und besser argumentieren zu können.
Heute sind wir mit der Globalisierung und unseren Antworten darauf 20 Jahre weiter. In Bezug auf Deutschland bin ich froh, dass mein damaliger Wunsch nach einer weiterhin starken Umweltregulierung weitgehend in Erfüllung gegangen ist. Zumindest hierzulande haben wir hohe Standards erhalten oder sogar ausbauen können. Aber wir dürfen nicht vergessen: Ein Teil der schmutzigen Produktion ist ins Ausland gegangen und schafft nun dort Umweltbelastungen. Ein Teil unserer guten Performance geht also darauf zurück, dass wir die problematischen Produktionen an andere, weniger streng regulierte Standorte ausgelagert haben. Das löst das Problem zwar lokal – aber nicht global!
Genau aus diesem Grund liegt mein Forschungsschwerpunkt auch auf internationaler Umweltpolitik. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, den Blick auf den globalen Süden und die Wertschöpfungskosten zu richten. Wir brauchen eine gerechte und ökologische Globalisierung mit gemeinsamen Standards. Sonst wird es immer wieder Trittbrettfahrer geben – seien es Unternehmen oder einzelne Staaten.
Mein Wunsch ist daher eine stärkere Regulierung multinationaler Unternehmen. Eine stärkere Regulierung mit Blick auf die Umwelt, aber auch in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten. Gerade jetzt, in unserem Jubiläumsjahr 2017, schließt das Öko-Institut das europäische Projekt „Global Value“ ab. Es wirft den Blick auf die Einflüsse multinationaler Unternehmen auf globale Entwicklungsziele wie Armutsbekämpfung, aber auch auf Menschenrechte, Transparenz und Umweltschutz. Unser Part ist dabei, welchen Einfluss institutionelle Rahmenbedingungen – sogenannte „Systems of Governance“ – auf nachhaltiges Handeln in multinational agierenden Unternehmen ausüben. Ich wünsche mir sehr, dass die Politik die Empfehlungen, die wir hier aussprechen, auch umsetzt.
In Deutschland dürfen wir bei all dem nicht die sozialen Aspekte aus den Augen verlieren. Zwar ist schlechte Umweltpolitik gerade für die finanziell schlechter gestellten Menschen teuer, weil sie besonders stark unter gesundheitlichen Folgen oder Lärm zu leiden haben. Dennoch sinkt die Bereitschaft, Umweltpolitik zu akzeptieren, in dem Maße, in dem grundlegende materielle Sorgen steigen. Wir haben das bereits gesehen bei den Kosten für die Energiewende, wir werden wieder merken beim Kohleausstieg, in den davon betroffenen Regionen, und bei der Mobilitätswende. Die Kommunikation, das Werben um Akzeptanz, ist hier von zentraler Bedeutung. Auch das muss uns gelingen.
Franziska Wolff leitet vom Standort Berlin aus den Institutsbereich Umweltrecht & Governance. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der deutschen und internationalen Umweltpolitik.