Flexibler, vernetzter, digitaler? Zur Zukunft der Arbeit
Digitalisierung, selbstbestimmtes Arbeiten, lebenslanges Lernen – die Schlagworte der Arbeit von morgen sind nicht erst seit dem Weißbuch der Bundesregierung in aller Munde. Wir haben mit Susanne Fröschl über die Zukunft der Arbeit im Allgemeinen und am Öko-Institut im Speziellen gesprochen. Sie verantwortet seit zwei Jahren das interne Institutsmanagement.
Wie stellst Du Dir das „Arbeiten von morgen“ vor und wie sind wir als Öko-Institut darauf vorbereitet?
Wir sind schon ein Stück mittendrin in der „Arbeit von morgen“ – in der Gesellschaft insgesamt und natürlich auch am Öko-Institut. Die digitale Revolution steht erst am Anfang. Und wenn Martin Ford, dessen „Aufstieg der Roboter“ ich kürzlich gelesen habe, richtig liegt, wird sie disruptiv wirken – also massive Veränderungsprozesse in allen Branchen gleichermaßen und zeitlich gleichgeschaltet auslösen. Denn die Informationstechnologie ist eine „Allzwecktechnologie“: Sie verändert fundamental die Art, wie unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft insgesamt organisiert sind. Wo das genau hingeht, können wir nur in der Tendenz erkennen. Aber viele sprechen von der Postwachstumsökonomie oder dem „jobless growth“ – also dass Wachstum, wie wir es aus der Industriegesellschaft kennen, nicht mehr unendlich weitergeht – und diese Entwicklungen fließen natürlich auch in die wissenschaftliche Arbeit am Öko-Institut ein.
Zugleich arbeiten wir am Öko-Institut auf eine Art und Weise, die nicht sehr leicht durch Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz ersetzt werden kann. Unsere Qualität und Kernkompetenz ist es, dass wir die Veränderungsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft, die sehr komplex sind, analysieren, interpretieren und Lösungen vorschlagen. Selbstverständlich bezogen auf Nachhaltigkeits- und Umweltfragen, unseren Forschungsschwerpunkten.
Wie können wir bei diesen Entwicklungen Stand halten?
Wir müssen selbstverständlich immer auf dem Stand von Wissenschaft und Technik bleiben, damit unsere Übersetzungsleistung weiter nachgefragt wird. Besonders die Bereiche Logistik, Verkehr, Energie- und Wasserversorgung – einige unserer Kernthemen – haben laut dem Monitoringreport Digitale Wirtschaft 2014 besonderen Nachholbedarf beim Thema Digitalisierung. Ich glaube, dass diese Transformationsprozesse weitergehen und tiefer greifen – wir können die Aufgabe erfüllen, diese Prozesse im Sinne von Umwelt, Klima und Ressourcen zu begleiten.
Um dabei immer up-to-date zu bleiben, müssen wir agil bleiben und beständig lernen. Die klassische Fortbildung hat dabei meines Erachtens Grenzen. Wir müssen vielmehr mit sehr schnellen und tiefgreifenden Veränderungen in einem kontinuierlichen Prozess Schritt halten, sie erforschen und reflektieren und uns mit ihnen ganzheitlich auseinandersetzen. Das ist schlussendlich eine Frage der Organisationskultur. Dafür die geeignetsten Formate zu suchen und in den Arbeitsalltag zu integrieren, ist wichtig. Zentral ist jedoch, im Sinne einer agilen Organisation solche Prozesse in Gang zu setzen und beständig dran zu bleiben – zusätzlich zu klassischen Fortbildungen, die wir für konkreten fachlichen Kompetenzerwerb auch noch brauchen werden (Stichwort „digital literacy“ oder „digitale Kompetenz“). Nur so können wir die äußeren Prozesse verstehen und für unsere wissenschaftliche Arbeit nutzbar machen.
Sind wir aus Deiner Sicht dafür gut aufgestellt?
Grundsätzlich denke ich, dass wir für Veränderungsprozesse insgesamt sehr gut aufgestellt sind. Wir betrachten in unserer wissenschaftlichen Arbeit immer angrenzende Themenfelder, technologische Entwicklungen, aber auch soziale Trends und Tendenzen, um daraus Empfehlungen für unsere Auftraggeber abzuleiten. Dennoch wird die Digitalisierung komplett neue Wege, Geschäftsmodelle, Organisationsweisen aufzeigen, die wir heute noch gar nicht kennen und absehen können. Und sich darauf vorzubereiten, wird unsere Aufgabe und Herausforderung für die nächsten Jahre sein.
Wie kann dieser Kulturwandel, den Du beschreibst, im Institut begleitet werden?
Aus meiner Sicht sind das zentrale Führungsaufgaben, die wir von der Geschäftsführung anstoßen können, die aber breit im Institut diskutiert, vorangebracht und verankert werden sollten. Wir haben so viele kluge Köpfe in diesem Institut, die wir mit einbeziehen und deren Ideen und Vorschläge wir auch umsetzen können.
Welche Themen siehst Du neben der Digitalisierung noch?
Das Thema „lebenslanges Lernen“ beinhaltet auch den Aspekt, dass wir alle älter werden und länger arbeiten. ‚Lebensphasenorientiertes Arbeitszeitmodell‘ ist da zum Beispiel eines der Schlagworte. Interessanterweise sind viele der Ideen, die beispielsweise im Weißbuch Arbeiten 4.0 der Bundesregierung im Dezember 2016 als zukunftsweisend vorgestellt wurden, am Öko-Institut seit Jahren gelebter Alltag. Beispielsweise eine große Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeiten – etwa in Teilzeit und wieder zurück in Vollzeit zu wechseln. Oder auch die Arbeitszeiten den familiären Bedürfnissen aber auch den Institutsbedürfnissen, etwa in Projekthochphasen, flexibel anzupassen. Auch die Frage, von wo aus gearbeitet wird, handhaben wir am Institut sehr flexibel und begleiten das mit technischen Lösungen. Ich denke, dass wir da schon Vorreiter sind, was aber nicht heißt, dass wir nicht noch besser werden können.
Wo liegen aus Deiner Sicht bei der flexiblen und mobilen Arbeit 4.0 die Herausforderungen?
Wir müssen uns zum einen technisch kontinuierlich weiterentwickeln, Fragen von Sicherheit auf der einen und flexibler Arbeitsweise auf der anderen Seite in Einklang bringen. Neue Arbeitsformen wie Telework, Crowdworking, die Kombination von Arbeit und Aus- bzw. Weiterbildung erfordern, dass wir die effektivsten Organisationsformen und IT- und Telekommunikationslösungen für kooperatives, aber disloziertes Arbeiten schaffen.
Wichtig ist meines Erachtens aber auch, dass, wenn alle verteilter arbeiten, wir trotzdem zueinander finden. Und so das soziale und gemeinschaftliche der Arbeit leben und den gemeinsamen „Spirit des Öko-Instituts“ spüren können. Zudem sollen wir alle gesund bleiben beim Arbeiten, gerade wenn wir älter werden.
Wenn wir versuchen wollen, mit den Veränderungen in der digitalisierten Welt Stand zu halten, müssen wir nicht zuletzt über neue „Normalarbeitsverhältnisse“ nachdenken und wie diese bei nicht linearen Erwerbsverläufen fair und attraktiv sind. Und so gute Bedingungen für die besten und engagiertesten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen, damit sie ihre herausfordernde Arbeit in Einklang mit ihrem familiären Leben außerhalb des Instituts leisten und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten durch Weiterbildung und persönliche Entwicklung beständig voranbringen können. Nur dann können sie in diesen Umbruchszeiten alles geben.
Und zum Schluss: Was wünscht Du Dir persönlich für die künftige Zusammenarbeit am Öko-Institut?
Ich würde mich sehr freuen, wenn die technologischen Entwicklungen auch zu mehr Gemeinschaftsgefühl führen würden und nicht nur den populistischen Angstmachern dienen und zu einer Fragmentierung der Gesellschaft führen. Mein Wunsch wäre, dass die Individualisierung nicht so stark voranschreitet, sondern dass das Gemeinsame, das Teilen und das Austauschen genauso wichtig ist. Und wenn die Maschinen und Algorithmen dazu beitrügen, dass wir uns auf der Arbeit kreativ entfalten könnten, wäre das noch das i-Tüpfelchen.
Susanne Fröschl ist Politikwissenschaftlerin und seit 2015 in der Geschäftsführung verantwortlich für das strategische Management und Organisationsentwicklung am Öko-Institut.
Die gebürtige Österreicherin hat zuletzt am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien gearbeitet.