„Die Gesellschaft mitnehmen“
Die Stärke des Öko-Instituts liegt in der Wissenschaftlichkeit und unserer Expertise. Wir werden von der Politik gehört, unsere Studienergebnisse fließen in politische Prozesse und Gesetzesvorhaben ein. Diese Stärke birgt aber auch eine Schwäche: Unsere Studien sind meist wenig verständlich für den Laien.
Dabei wäre es so wichtig, unsere oft sehr technische Arbeit auch denjenigen nahezubringen, die sich nicht Tag für Tag mit diesen Fragen befassen. Insbesondere beim Klimaschutz ist jede und jeder gefragt.
Dafür müssen die Menschen wissen, warum Klimaschutz wichtig ist. Sie müssen Verständnis dafür entwickeln, warum bestimmte Gesetze oder Maßnahmen richtig sind.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Veränderung nicht gelingt, wenn wir zu schnell zu viel von der Gesellschaft verlangen. Auch das ist ein Grund dafür, warum Klimawandelskeptiker teilweise wieder an Boden gewinnen. Ich denke da natürlich an Trump in den USA, aber auch an entsprechende Strömungen hier in Deutschland.
Mir wird zunehmend bewusst, wie wichtig es ist, die Menschen mitzunehmen auf diesem Weg. Das ist ein Prozess, der aktiv angestoßen und begleitet werden muss. Ich wünsche mir, dass auch wir als Öko-Institut unseren Teil dazu beitragen und uns die Transferleistung gelingt, unsere Erkenntnisse auch für Nicht-Fachleute verständlich aufzubereiten. Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, im Dialog mit der Politik zu stehen, dort unsere Ergebnisse zu platzieren – und dann hoffen, dass das schon irgendwie umgesetzt wird. Ich wünsche mir, dass wir am besten schon bei der Antragstellung und der Konzeption unserer Studien die Frage mitdenken, wie wir die Ergebnisse auch in die Gesellschaft hinein tragen können.
Manchmal gelingt uns das schon, jedoch nicht immer. Nehmen wir beispielsweise die vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene Studie „Klimaschutzszenario 2050“. Diese ist 467 Seiten lang und recht technisch, da sie ja unsere komplexe Modellierung beschreiben muss. Darin verstecken sich aber auch klare Botschaften für die Transformation der Gesellschaft in den verschiedenen Sektoren. Weichenstellungen, die im privaten Leben umgesetzt werden müssten. Aus diesem Grund haben wir das Eigenmittelprojekt „Klimaverträglich leben im Jahr 2050“ initiiert, in dem wir versuchen, die Ergebnisse der Klimaschutzszenario-Studie zu kondensieren: Was bedeutet das für das Alltagsleben der Menschen, was steckt da drin an Veränderungen? Das versuchen wir, eher kurz und verständlich zu beschreiben und mit anschaulichen Grafiken darzustellen.
Ich bin gespannt, was diese Publikation, wenn sie Ende 2017 veröffentlicht wird, auslösen wird. Wir benennen die aus unserer Sicht notwendigen Maßnahmen explizit und klar – und wenn man Dinge deutlich macht, macht man sich immer auch angreifbar. Aber wir wollen eine Debatte darüber führen, wie wir in 2050 leben wollen. Es ist ein Experiment und ich wünsche mir mehr davon.
Carina Zell-Ziegler ist seit 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin
im Bereich Energie & Klimaschutz am Standort Berlin.