„Nie wieder Fukushima“
Als ich 2005 am Öko-Institut anfing, wurde mir von den älteren Kolleginnen und Kollegen immer wieder berichtet, wie es war, als Tschernobyl über sie „hereinbrach“ und wie sie das aus Sicht ihrer Arbeit erlebt haben. Ich dachte mir damals, dass so etwas ja hoffentlich während meines Arbeitslebens nicht nochmal passieren würde. Das war ein Irrtum. Denn dann kam Fukushima.
In Deutschland haben die Ereignisse von Fukushima im März 2011 dazu geführt, dass wir im Wesentlichen zum alten Ausstiegsplan aus der Kernenergie zurückgekehrt sind. Aber im Rest der Welt sind wir davon noch weit entfernt. Deshalb dürfen auch wir im Öko-Institut nicht mit unserer Arbeit aufhören oder nachlassen.
Dabei gibt es zwei Ansätze, die in ihrer Kombination wichtig sind: Zum einen müssen wir zeigen, dass ein Verzicht auf Kernenergie möglich ist, ohne dass dabei die anderen Ziele wie der Klimaschutz, die Versorgungssicherheit oder auch die Wirtschaftlichkeit aus dem Auge verloren werden. Alternativen sind machbar und umsetzbar, das muss deutlich werden. Zum zweiten muss man, solange Kernkraftwerke irgendwo betrieben werden, darauf hinwirken, dass das Sicherheitsniveau so hoch wie möglich ist. Dafür braucht es kritische Stimmen und Hinweise auf die Gefahren und Risiken der Kernenergie. Beides ist wichtig für die Zukunft, beide Ansätze verfolgen wir auch mit dem Öko-Institut.
Ich wünsche mir, dass Unfälle wie Tschernobyl und Fukushima nie wieder passieren. Dafür versuchen wir, unseren Beitrag zu leisten. Für den weiteren Weg stellt sich mir die Frage, welche Rolle Deutschland in der Zukunft – nach der Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland – spielen wird: ob wir in der weltweiten Diskussion über die Risiken der Kernenergie weiter eine aktive Rolle einnehmen und wir uns beispielsweise in die Weiterentwicklung von Regelwerken einbringen werden, oder ob wir uns aus dieser Diskussion zurückziehen. Aus meiner Sicht wäre weiterhin eine aktive Rolle Deutschlands wichtig und richtig.
Eines darf man dabei nicht unterschätzen: In den meisten Ländern ist der Stand der öffentlichen Diskussion um die Kernenergie ein anderer als bei uns. Man wird im Ausland immer wieder damit konfrontiert, dass die deutsche Entscheidung zum Atomausstieg als spontane und irrationale Reaktion auf Fukushima dargestellt wird. Dass diese Entscheidung eine viel längere Historie hat und sehr rationale Gründe dahinter stehen, ist oft nicht präsent, zumindest in der allgemeinen Öffentlichkeit. Mein Wunsch wäre es, auch diese Diskussionen international nach Möglichkeit zu stärken und hier weiterhin einen Beitrag zu leisten.
Dr. Christoph Pistner ist stellvertretender Leiter des Bereichs
Nukleartechnik & Anlagensicherheit im Darmstädter Büro.